Wie wird man eigentlich Friedhofsgärtner, wenn man nicht familiär »vorbelastet« ist? Diese Frage stelle ich mir seit Jahren. Im Bekanntenkreis ist man »nur« der Totengräber, dabei hat der Beruf damit eher wenig zu tun.
Ich bin nun schon die dritte Generation, die diesen Ausbildungsberuf ergriffen hat. In der Ausbildung wird man aber nicht unbedingt auf das vorbereitet, was einen hinterher erwartet. Man tritt nur selten mit Kunden in Kontakt. Hier in Hochdahl sind wir nun auch mit der Durchführung der Beerdigungen betraut und kommen in direkten Kontakt mit den Trauernden.
Die ersten Beerdigungen waren schon »gewöhnungsbedürftig«, und ich war sehr nervös, denn für eine pietätvolle Durchführung der Bestattung gibt es nur eine einzige Chance. Aber mit der Zeit gewinnt man immer mehr an Routine und wird distanzierter. Natürlich ist man nach wie vor betroffen, besonders wenn man den Verstorbenen persönlich gekannt hat.
»An Jerchtrut hol mer de Hack un de Schüpp erut.“ (An Gertrud (18. März) holen wir die Hacke und den Spaten heraus) sagte ein regelmäßiger Friedhofsbesucher zu mir, mit dem man des Öfteren auch schon mal etwas geplaudert hatte. An einem Dienstag war er noch da und am Mittwoch wurde seine Beerdigung angemeldet. Gerade in einem kleinen Ort wie Hochdahl kennt man viele Leute, mit denen man regelmäßig Kontakt hat.
Sie gehören einfach zum »Bild« und manche können sogar das eigene Bewusstsein verändern. So wie der junge Mann mit dem man sich natürlich über die schönste Nebensache der Welt und »unsere« Fortuna unterhält und der mich ständig mit ins Stadion nehmen wollte und ich ihm aufgrund der Anstoßzeiten immer eine Absage erteilen musste. »Mensch, du kannst doch nit nur arbidde! Schnapp dich dinne Jung und jeh mit ihm zu Fortuna!«…2008 fiel bei mir der Groschen und ich wurde wieder zum regelmäßigen Stadiongänger! Warum ich das erzähle? Weil ich ihn im Dezember 2011 leider beerdigen musste – das war alles andere als Routine!
Es gibt im Laufe der Zeit viel zu erzählen und auf dem Friedhof wird sogar gelacht. Man bekommt die tollsten Geschichten erzählt und schenkt den Hinterbliebenen das ein oder andere Ohr.
Ich als Friedhofsgärtner begleite die Menschen über einen sehr langen Zeitraum und gebe ihnen durch meine eigentliche Arbeit auch ein Stück Freude in ihrer Trauer zurück. Auch ich bin froh, dass oben genannter junger Mann an einem Ort liegt, an dem auch ich ihm vom Siegeszug »unserer« Fortuna berichten konnte. Ein Stück Rasen ist dazu meiner Meinung nach nicht geeignet.
Thomas Kuhleber (Friedhofsgärtner)