Von Anneliese Lucas
Als in den 60iger Jahren die Neue Stadt Hochdahl im Entstehen gewesen ist, fehlte es den ersten Neubürgern noch an vielen Annehmlichkeiten. Kein Arzt, keine Einkaufsmöglichkeit in der Nähe, kein Kindergarten und keine Schule war in Sicht, als in der Schildsheiderstraße die ersten Mehrfamilienhäuser fertig gestellt und bezogen wurden und auch am Naheweg und der Goethestraße zogen die ersten Neubürger ein.
Ringsum war alles noch unbebaut und freies Feld. Im Naheweg hatte als junger Hilfsprediger, Pfarrer Schwabe mit seiner Frau und seinen drei kleinen Kindern eine Wohnung bezogen. Er war Pfarrer Berchem in Alt-Hochdahl zugeteilt. Die Predigtorte waren das Paul-Schneider-Haus und die Neanderkirche, die, von der Sandheide aus gesehen, weit weg sind. Neben dem Hochhaus an der Ecke Schildsheider-/ Hattnitterstraße stand eines Tages ein langer Gelenkbus, -die Autokirche -,von der Landeskirche dort plaziert, fiir die ersten Neubürger. In diesem Gelenkbus begann das Pflänzchen einer jungen Gemeinde im neuen Bezirk Sandheide zu wachsen. Erste Besucher fanden sich hier jeden Sonntag zum Gottesdienst ein. Die Besucher saßen auf den Bussitzen, jeweils zu zweit nebeneinander. Hier taufte Pfarrer Schwabe sein drittes Kind.
Kindergottesdienst, Kinderspielgruppen gab es und der Abendkreis der Frauen fand hier seine Anfänge. Viele junge Ehepaare lernten sich hier kennen, die einen Hauskreis gründeten. Dieser Hauskreis traf sich reihum, einmal im Monat, in verschiedenen Wohnungen.Fragen des Glaubens und der Theologie, Themen über Kindererziehung, Themen über Ehe und Familie und vieles mehr wurden an den Hauskreisabenden erörtert. Zu jedem Thema wurde ein kompetenter Referent eingeladen. Der bekannte Familienterapeut Reinhold Ruthe aus Wuppertal war ein gern gesehener Gast.
In der schnell wachsenden Neuen Stadt war die Autokirche auf Dauer keine Lösung und so ein anderer Versammlungsort nötig. In einer, von der Stadt errichteten Baracke an der Sedenquelle, neben dem heutigen Hochdahlhaus, gab es dann ein neues Provisorium. Für ein paar Jahre trafen sich hier die neu zugezogenen Gemeindeglieder am Sonntag zum Gottesdienst und Kindergottesdienst, auch Bibelabende, sowie erste Jugendgruppen fanden statt. Bis zum Bau des heutigen Ev. Gemeindehauses Sandheide, war dieses Provisorium nach der Autokirche, kirchlicher Versammlungsort der ersten neu zugezogenen evangelischen Gemeindeglieder in der Sandheide.
Nun sollte endlich ein neues Kirchenzentrum in der Sandheide entstehen. Am 1. Advent 1974 wurde der Einzug in ein neues Haus mit einem Gottesdienst und anschließendem großen Fest gefeiert. Viele Menschen freuten sich über dieses Haus, weil es viele Möglichkeiten fiir eine junge lebendige Gemeinde bot.
Pfarrer Schwabe bezog mit seiner Familie das neu erbaute Pfarrhaus gleich daneben. Er war 15 Jahre Pfarrer im Gemeindebezirk Sandheide. Mit seiner Familie führte er ein offenes Haus. Die Pionierzeit der Sandheider Gemeinde mit Autokirche und Kirchenprovisorium bewirkte, daß Kirche im Ev. Gemeindehaus Sandheide oft unkonventioneller erlebt wurde.
Das Ev. Gemeindehaus ist bewußt als vielfältiger Versammlungsort der Ev. Kirchengemeinde Hochdahl in der Sandheide gebaut worden. Es sollte kein sakraler Kirchenbau entstehen. Darum ist auch der Name schlicht und einfach – Ev.Gemeindehaus Sandheide – so gewählt worden.
Das Bedürfnis, ein Ort für christliches Gemeindeleben in seiner ganzen Vielfalt zu haben, waren Grundlage für den künftigen Geist, der hier herrschen sollte. Nach dem großen Einweihungsfest wurde in der Sandheide hier oft und gern gefeiert.
Jedes Gemeindefest ist mit viel Tanz bis erst in die späte Nacht beendet worden. Im Ev. Gemeindehaus Sandheide war und ist es vielleicht heute noch, alles weniger konventionell, weil sich hier Gemeinde erst finden mußte, weil nichts traditionell gewachsen war.
Die Nachbarschaft zur katholischen Heilig-Geist-Kirche förderte auch die Ökumene. Die Vortragsabende des ökumenischen Bildungswerkes wurden von beiden Gemeinden gut besucht. Im Ev. Gemeindehaus konnte viel Neues ausprobiert werden. Abendmahlsgottesdienst mit Kindern am Erntedankfest waren damals etwas Neues.
Selbst gestaltete Jugendgottesdienste fanden statt, begleitet von einer Musikband, die in den unteren Räumen probten. Konfirmandenjahrgänge waren progressiv eingestellt. Sie überlegten sich sehr genau, weshalb sie konfirmiert werden wollten. Einige sprachen sich bewußt gegen Geschenke aus. Weil sie wegen der großen Zahl nicht mehr ,wie üblich, an Palmsonntag konfirmiert werden konnten, wurde die Konfirmation an Sonntage in den Mai verlegt. Die Mädchen lehnten das traditionell schwarze Kleid ab. Statt dessen bevorzugten sie festliche Kleider und Röcke in hellen frischen Farben.
Wer kann sich in unserer Ev. Kirchengemeinde Hochdahl noch an die Aufbruchsstimmung der Neuzugezogenen in den 60iger und 70iger Jahre im letzten Jahrhundert erinnern? -da, wo alles mit einem Gelenkbus Ecke Schildsheider-/Hattnitterstraße und einem Provisorium an der Sedenquelle in der Sandheide anfing.