Was ist eigentlich der Unterschied?
Kennen Sie das Spiel »Pastor-Vikar«? Wir spielten es damals bei jedem Klassenfest und bei jeder Geburtstagsfeier. Kennengelernt habe ich das Kreisspiel mit viel Gaudi von meinen ersten katholischen Freunden in der 7. Klasse. Dass ich später selber einmal nach dem Theologiestudium zunächst den Titel Vikarin und dann Pastorin tragen würde, war noch in weiter Ferne.
Ich komme ja aus einer ganz evangelischen Gegend in Hessen. Dachte früher immer, Pastoren gäbe es nur in Norddeutschland. Aber als ich in Bonn studierte, waren erstaunlicherweise die katholischen Geistlichen die »Pastoren«. Mein Vikariat, also die zwei Jahre praktische Ausbildung nach dem Theologiestudium, verbrachte ich in dem überwiegend katholischen Wachtberg bei Bad Godesberg. Dort nannte mich der Dechant, mit dem ich bei ökumenischen Anlässen zusammen amtierte, humorvoll- rheinisch »et Kaplänsche«.
Nach dem zweiten theologischen Examen begann dann in Ratingen die sogenannte »Hilfsdienstzeit«. Von der Vikarin wurde ich zur Pastorin. Im Rheinland die Bezeichnung für ordinierte Theologen, die keine Pfarrstelle innehaben. Inzwischen war ich auch noch »Pfarrfrau« geworden, mein Mann hatte eine Pfarrstelle in Hilden bekommen und war vom Pastor zum Pfarrer geworden. Früher wurden die Ehefrauen der Pfarrer ja gerne mal Frau Pfarrer genannt, oder hessisch »Parrersche«. (Auch wenn sie keine theologische Ausbildung hatten).
Da ich nach einem Jahr Hilfsdienstzeit direkt in einen gefühlten, immerwährenden Erziehungsurlaub wechselte, kam mir gar nicht in den Sinn, mich jemals auf eine Pfarrstelle bewerben zu wollen. Ich blieb »Pastorin«, denn ich konnte meine Ordinationsrechte (verkündigen, beerdigen, Sakramente verwalten) durch ehrenamtliche Tätigkeit aufrechterhalten.
Sehr schön fand ich die Variante, die mir ein Mitglied der kongolesischen Delegation erklärte: Ich sei ja dann beides, Mama Pasteur (Pastorin) und Pasteur Mama (Frau des Pfarrers). Für die jungen Theologinnen direkt nach dem zweiten Examen hat sich mittlerweile einiges geändert. Sie heißen Pfarrer*innen zur Anstellung, müssen ein Bewerbungsverfahren durchlaufen (ähnlich Assessmentcenter). Und die rheinische Erfindung Pastor im Sonderdienst gibt es auch schon lange nicht mehr.
Für die vielen Theologinnen meiner Generation – wir waren der Pfarrerberg –, die wegen Kindererziehungszeiten, oder persönlicher Gründe nie in eine Pfarrstelle gewählt wurden, gibt es seit kurzem die Bezeichnung »Pastorin im Sinne ergänzender pastoraler Dienste ». Das heißt auf gut Deutsch: Flexibilität ist unser zweiter Vorname. Wir sind bei Kirchengemeinden oder diakonischen Einrichtungen oder im Schuldienst angestellt. Und werden überall eingesetzt, wo Pfarrer fehlen.
Mit einem gewissen Stolz möchten wir aber gerne bei dem Titel Pastorin bleiben.
Mein Lieblingszitat dazu steht beim Apostel Paulus im Korintherbrief.« Nicht dass wir Herren (Pfarr – Herren) wären über Euren Glauben, sondern Gehilfen Eurer Freude.« (2.Kor.1,24)
Früher wollte ich als Dorfkind sehr gerne Bäuerin werden. Als »Hirtin« kann ich meine Berufung leben und es erfüllt mich in den Gemeinden tätig zu sein (auch ohne »Pfarrstelle«).
✏ Lieselotte Rönsch