Ist jemand zu klein für Jesus, zu unwürdig, zu wenig gebildet? Seit den siebziger Jahren haben viele Landeskirchen angeregt, auch Kindern den Empfang des Abendmahls zu ermöglichen und auch in unserer Gemeinde wurde beschlossen, dass Kinder nach einer ihnen entsprechenden Vorbereitung am Abendmahl teilnehmen dürfen – nur hat sich dies in der Praxis aber auch in unseren Köpfen nie durchgesetzt.
Wir erleben zur Zeit einen erfreulichen Zuspruch zu unserem Kindergottesdienst im Gemeindehaus Sandheide. Nicht selten sind 25 Kinder und etwa 10 Erwachsene dabei. Eigentlich ist jeder Kindergottesdienst fast ein Familiengottesdienst, da viele Eltern ihre Kinder begleiten. Im Team des Kindergottesdienstes kam die Frage auf, ob wir den jungen Familien, die nach der Taufe erfreulicherweise den Weg in den Kindergottesdienst finden, nicht auch das Abendmahl schmackhaft machen können.
Der Weg dahin ist frei. Es gibt keine theologischen Hindernisse. In der alten Kirche war es rund 1000 Jahre lang üblich, dass auch Kinder zum Abendmahl kommen durften. Erst nach der Kirchenspaltung in Ost- und Westkirche begann eine Entwicklung der Mystifizierung des Abendmahls in der katholischen Kirche, die dazu führte, dass im Jahre 1215 Kinder vom Abendmahl ausgeschlossen wurden. In der Ostkirche blieb es bei der „kinderfreundlichen“ Regelung.
In der Reformation wurde die intellektuelle Seite des Glaubens betont. Katechismen, Lehrbücher, eigentlich zunächst für Erwachsene geschrieben, wurden auch zum Lernstoff für Kinder – der Konfirmandenunterricht entstand und erst wer brav gelernt hatte, wurde zum Abendmahl zugelassen. Die Praxis Jesu sah anders aus. Er hat alle zu sich eingeladen, und sogar mit den aus der Gesellschaft Ausgestoßenen an einem Tisch gesessen. Wer getauft ist, wer sich zu Jesus zählt, der darf am Abendmahl teilnehmen! Es gibt keinen Grund, warum wir Grenzen aufrichten sollten, wo Jesus offen einlädt!
Die regelmäßigen und im Gemeindegruß gekennzeichneten Abendmahlfeiern mit Saft statt Wein bieten sich für Familien mit Kindern an. Natürlich werden wir auch ganz „normale“ Abendmahlfeiern in Zukunft haben. Jeder soll Abendmahl in einer würdigen und ihm genehmen Form feiern dürfen. Wir wollen niemanden ausschließen, wir wollen nur mehr einladen. Kinder müssen das Abendmahl auch nicht unbedingt weniger feierlich oder würdevoll werden lassen. Vielleicht werden manche Feiern aber etwas fröhlicher, was dem Anlass sehr entspräche.
Ich lade alle ein, mit Freundlichkeit, Offenheit und etwas Feingefühl aufeinander zuzugehen, wenn wir der Einladung unseres Herrn zu seiner Tischgemeinschaft folgen.